ARBEITSPROBE:
Henning Richter
Journalist / Autor für Musik, Kultur & Sport

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FOO FIGHTERS - Glückspilz

Am Anfang stand ein Selbstmord. Ohne den Freitod Kurt Cobains hätte es die Foo Fighters wohl kaum gegeben. Die Band, die 1995 als „Trostpreis für Nirvana-Fans“ begann, avancierte inzwischen zum festen Bestandteil der internationalen Rock-Aristokratie. Spätestens mit dem Einstieg ihres neuen Drehers „One By One“ auf Platz fünf der deutschen Albumcharts, muss man die Gruppe von Dave Grohl auch bei uns zu den Stars rechnen. „Diese Platte ist anders als alles, was wir je gemacht haben, dennoch trägt sie unsere Fingerabdrücke“, findet der frühere Nirvana-Schlagzeuger, der in seiner neuen Band zu Mikro und Gitarre wechselte. „Sie ist zwar eine Abkehr, gleichzeitig gibt es einen roten Faden, der sich durch alle unsere Scheiben zieht: Unser Sinn für Melodien und Arrangements sowie die Art wie wir unsere Instrumente spielen.“ Mit dem Verknüpfen von Pop und Metal, von Melancholie, Wut und Spaß ist Grohls Kapelle mit „One By One“, so scheint es, der entscheidende Schritt aus dem Schatten Nirvanas geglückt.
Zur Zeit mag strahlender Sonnenschein über den Foos scheinen, doch noch im April 2002 beherrschte Düsternis die Szenerie. Damals entschied Dave, die bereits fertigen Songs in den Müll zu werfen. „Ich nenne sie die „Millionen-Dollar-Demos“, witzelt Foo-Trommler Taylor Hawkins. „Wir hatten uns bemüht, alles perfekt zu machen, doch am Ende klang alles leblos und hohl.“ Band-Boss Grohl entschied, die Studioarbeit abzubrechen. Stattdessen entsann er sich seiner Trommelkünste und spielte das aktuelle Album der Queens Of The Stone Age ein. Grohl hatte Blut geleckt, prompt ging er mit den Queens auch noch auf Tour. Sehr zum Entsetzen der übrigen Mitglieder: „Für einen Augenblick dachte ich, das war´s“, gibt Gitarrist Chris Shiflett zu. Doch seine Angst war grundlos, Grohl bekam Heimweh: „Ein Schlagzeuger bildet die Basis, er muss den Überblick behalten. Aber ich stehe auch gerne vor dem Publikum, bringe es zum Lächeln, zum Springen und Singen. Am Ende vermisste ich die Foo Fighters, meine Familie.“
Mit dem Schwung, den Grohl sich bei Queens Of The Stone Age geholt hatte, ging´s zurück ins Studio. Auch die übrigen Mitglieder des Quartetts hatten die Zwischenzeit für Nebenprojekte genutzt, ihre kreative Auszeit sollte sich bezahlt machen. „Wir spielten die Aufnahmen in drei Wochen ein“, berichtet Dave triumphierend. Und Drummer Hawkins setzt hinzu: „Während die alten Sessions pure Schufterei waren, hatten wir jetzt jede Menge Energie. Wir schrieben neue Songs, darunter auch mein Lieblingsstück „Low“. Gott sei Dank, dass Dave seinen Tripp mit den Queens gemacht hat.“
Bei allem Jubel hatte zuvor auch Taylor Hawkins zu den dunklen Wolken über den Foo Fighters beigetragen. Die Band hatte montelang rastlos getourt als der Trommler im August 2001 nach einer Überdosis Schmerztabletten in ein zweitägiges Koma fiel. Die Mitglieder waren schockiert und beschlossen, erst einmal ausgiebig Urlaub zu machen. Inzwischen ist der Blondschopf wieder fit und hat sich von sämtlichen Drogen, bis auf das Rauchen, verabschiedet. Und eine weitere Wolke hat sich in Wohlgefallen aufgelöst, nach jahrelangem Kampf mit Cobain-Witwe Courtney Love, einigten sich die beiden überlebenden Nirvana-Mitglieder mit der kapriziösen Diva, so erscheint jetzt ein Album mit bislang unbekannten Aufnahmen der einflussreichsten Grunge-Band aller Zeiten.
Geboren vor 33 Jahren als Sohn von Akademikern - sein Vater ist Redenschreiber und Journalist, seine Mutter Lehrerin - ging Dave Grohl schon früh von der Schule ab, um Punkrock zu spielen. Er trommelte in zahlreichen Bands in Washington, bevor er das Angebot bekam, bei Nirvana einzusteigen. Nach eigenen Angaben ein „Workoholic“, ist Grohl einer der freundlichsten Rocker der Szene, Allüren sind ihm fremd. Sein 75.000 $ Dollar BMW gehört zu den wenigen Luxus-Accessoires, die er sich leistet. Sämtliche Einnahmen der Foo Fighters teilt er durch vier, jedes Mitglied bekommt das Gleiche. Ferner ist der Sunny Boy auch noch ein Liebling der Frauen, Top-Models gehörten ebenso zu seinen Begleiterinnen wie ex-Hole-Bassistin Melissa Auf Der Maur. Kein Wunder, dass der Glückspilz Optimismus verstrahlt: „Das Leben ist zu kurz, um sich den Kopf zu zerbrechen, wie fürchterlich es ist. In Allem kann man etwas Gutes finden.“

Henning Richter

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